(Petra Kleinwegen) Nach seiner erfolgreichen Video-Serie über das Hackamore-Pferd hat Kay Wienrich seine Erfahrungen und Ansichten nun auch in einem Buch niedergelegt. „Die kalifornische Hackamore“ gibt einen umfassenden Einblick in alles rund um diese traditionelle Zäumung des kalifornischen Vaqueros. Herausgekommen ist ein Buch, das endlich mal in die Tiefe geht und „Butter bei die Fische“ tut.
Grundsätzlich befasst Wienrich sich mit den traditionellen Elementen in Sachen Ausrüstung, Hilfengebung und Ausbildungsprogramm. Er bleibt dort aber nicht stecken, sondern argumentiert stets mit der Weiterentwicklung in Sachen Material, Pferdepsychologie, ausgereifteren Ausbildungsmethoden und Biomechanik, um Traditionelles mit dem heutigen Kenntnisstand in Einklang zu bringen. Hätten die damaligen Vaqueros die heutigen Möglichkeiten gehabt, hätten sie sie angewendet, weil ihr Leben dadurch einfacher geworden wäre, ist Wienrich überzeugt. Von daher nennt er sein Programm auch „Training mit Tradition“ und nicht „traditionelles Training“.
Umfassend und tiefgehend informiert Wienrich zunächst über die kalifornische Hackamore an sich, über Materialien, Aufbau und Passformen von Bosal, Hackamore und Hanger. Lediglich die begleitende Bebilderung ist öfter recht klein geraten und aus ungünstigen Winkeln aufgenommen – hier hat es sich nicht bewährt, auf Videomaterial zurückzugreifen.
Das zweite Drittel des Buches beschäftigt sich mit der Handhabung der Hackamore. Die spezielle Wirkung der Hackamore beeinflusst die Reittechnik grundlegend und alle Aspekte werden beleuchtet, von der Bodenarbeit bis hin zur Entwicklung von komplexeren gymnastizierenden Übungen wie Schulter- und Hinterhandverschiebungen. Wienrich geht davon aus, dass dem Leser die Wege der Grundausbildung bekannt sind, und beschränkt sich daher auf die Besonderheiten und auch Probleme und Grenzen, die die Arbeit mit der Hackamore mit sich bringt.
Das letzte Drittel umfasst den Ausbildungsweg eines nach Wienrichs Einstellung typischen (nicht nur) ranchtauglichen Westernpferdes. Als Orientierung dienen hier die Elemente, aus denen eine Reining besteht, da diese das beinhalten, was ein Cow Horse können muss. Werden sie als reellen Ausbildungsweg angesehen statt eines schablonenhaften Einpaukens von Manövern, kann das so ausgebildete Pferd sehr vielseitig eingesetzt werden. Auch hier werden leidiglich die Besonderheiten bei der Ausbildung mit der Hackamore und die Schwerpunkte von Wienrichs Ausbildungskonzept vermittelt, ausreichendes Grundlagenwissen wird vorausgesetzt.
Insgesamt geht Wienrich auch immer wieder auf Unterschiede zwischen damals und heute ein, soweit man diese Unterschiede greifen kann, denn von „damals“, der Blütezeit der Vaqueros, ist ja außer Hörensagen und Gemälden, die immer als Interpretationen der Wirklichkeit angesehen werden sollten, nur wenig verbindlich überliefert. Wienrich zeigt auf, wo diese Reittechnik mit den heutigen Turnieransprüchen nicht konform geht und einen eigenständigen, auch philosophischen, Unterbau fordert. Auch auf die heutigen Pferdetypen und ihre Eignung für ein Reitpferd, das einmal ein Spade Bit oder ähnliches Bit tragen soll, geht er ein. So wird das Buch trotz der Kritik an manchen Bildern zu einer runden Sache, der sich jeder einmal widmen sollte, der sich für die Vaquero-Reitweise interessiert, auch wenn die eigenen Ansprüche und Ideologien letztlich in eine andere Richtung gehen.
Kay Wienrich, Die kalifornische Hackamore – Ausbildung mit System
© 2017 Pepper Verlag
ISBN-13: 987-3-946239-05-5
29,90 Euro
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