Dieses Wochenende wird wohl keiner der Beteiligten so schnell vergessen: das erste Para-Reining Trainingscamp der NRHA Germany auf der Showdown Ranch war nicht nur für die Teilnehmer ein außergewöhnliches Erlebnis, sondern auch für Trainer und Organisatoren.
Zwei Tage lang wurden zwölf Reiterinnen und Reiter mit ganz unterschiedlichen Graden von Behinderung in die Kunst des Reiningreitens eingeführt. Fast alle waren mit eigenem Pferd gekommen und hatten ganz unterschiedliche Erfahrung in anderen Westernreitsportdisziplinen, darunter auch etliche Turniererfolge.
„Uns allen eröffnete sich eine völlig neue Welt“, so Bernie Hoeltzel, der die Teilnehmer und Pferde zusammen mit Jenny Nekula trainierte. Der gebürtige Kanadier, der auch Sportwart der NRHA Germany ist, zählt zu den Altmeistern des Reiningsports in Deutschland und hat unzählige Amateure und Jugendliche zum Erfolg geführt. „Reiter mit Handicap finden andere Möglichkeiten der Kommunikation, um zum Ziel zu kommen“, erklärt Bernie Hoeltzel. „Was ich da an Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiter erlebt habe, war einfach unglaublich!
So viel Feeling… Da kann so mancher normale Reiter etwas lernen! Und dann so viel Enthusiasmus, wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt habe. Überall strahlende Gesichter und Freude über den Lernfortschritt. Das war unheimlich bewegend…“
Allerdings stellte die Arbeit mit behinderten Reitern auch bislang unbekannte Herausforderungen. „Da war zum Beispiel dieses Mädchen, das mit den Begriffen rechts und links nichts anzufangen wusste“, schmunzelte Hoeltzel. „Da nahm uns die Mutter beiseite und sagte ‚Ihr Pferd hat ein braunes und ein weißes Ohr – sagen Sie ihr einfach, dass sie in Richtung braun oder weiß lenken soll.‘ Und es funktionierte! Man musste halt nicht nur das Pferd, sondern auch die Behinderten lesen können. So haben nicht nur die Teilnehmer was gelernt, sondern auch wir Trainer.“
Für die Reiter tat sich mit diesem Trainingswochenende die faszinierende Welt der Reining auf. „Es war eine unglaubliche Erfahrung“, schwärmte Elinor Switzer. Die Redakteurin, die nach einem Schlaganfall nach wie vor unter Gleichgewichtsproblemen leidet, hatte ein fremdes Pferd zur Verfügung gestellt bekommen. Sie ist bereits erfolgreich in Parawesternklassen Western Pleasure, Trail und Horsemanship geritten, hatte aber bislang nie mit dem Reiningsport zu tun. „Dank meinem großartigen Pferd konnte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Rundown mit Sliding Stop erleben. Ein tolles Gefühl – es hat solchen Spaß gemacht! Auf diesem Camp haben wir alle gemerkt, dass Reining eigentlich Rittigkeit, Durchlässigkeit und Feinheit bedeutet. Wie man dorthin kommt, zeigten uns Bernie und Jenny, und es war erstaunlich, welche Fortschritte in Sachen Rittigkeit an diesem Wochenende erzielt wurden. Vor allem aber hatten alle Spass dabei, und das Para-Reining-Fieber hat uns ergriffen. Bernie und Jenny waren einfach nur Klasse. Überhaupt waren alle auf dieser wunderbaren Ranch unglaublich lieb und hilfsbereit.“
Das Para-Reining Trainingscamp war der erste Schritt auf einem sicherlich noch langen Weg, um Reining auch im Rahmen des Para-Reitsports zu etablieren. Die Teilnehmer waren begeistert und wollen unbedingt weitermachen. „Wir brauchen weitere Camps“, so Bernie Hoeltzel. „Wer die Freude dieser Menschen gesehen hat, weiß, wie wichtig es ist, diesen Sport zu fördern. Er gibt den Behinderten neue Freude am Leben und eine Perspektive, etwas zu erreichen.“
Die NRHA Germany wird auf jeden Fall weiter für die Etablierung von Para-Reining eintreten. Doch die Zukunft hängt von vielen Faktoren ab, wie Vize-Präsident Paul Kratschmer betont. „Die Leute und ihre Pferde waren fantastisch“, so Kratschmer, der sich im Vorfeld sehr für das Camp und die Sache engagiert hatte. „Es macht Spaß, und man bekommt bei dieser Arbeit sehr viel zurück. Wir planen neue Camps, sind dabei aber auf Unterstützung von allen Seiten angewiesen. Es wäre großartig, wenn sich das Kuratorium für Therapeutisches Reiten, das den Para Equestrian Sport in Deutschland betreut, aktiv für Reining einsetzen würde. Hier sind unbedingt weitere Gespräche notwendig. Dann brauchen wir Sponsoren. Und nicht zuletzt hängt es auch ganz entscheidend vom Engagement der Reiter selbst ab. Je mehr Initiative sie entwickeln, desto schneller werden wir Erfolg haben.“
Weitere Informationen: www.nrha.de
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