(Ramona Billing) Nachdem sich die Fragen und Unsicherheiten bezüglich des neuen europäischen Zuchtprogramms häuften, haben wir die wichtigsten Fragen der Reiner zusammengestellt und an die NRHA Germany Presssestelle / Gerd Wilhelm mit der Bitte um Beantwortung geleitet. Hier sind die Antworten.
RB: Viele Reiter und Züchter fühlen sich von der EFRHA und dem neuen Programm einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Wie ‚fertig‘ ist denn eigentlich dieses neue Programm, das heißt, existieren bereits Verträge z.B. mit den USA und wurden Zusagen gegenüber anderen Verbänden getroffen, oder ist das ganze eher als Entwurf zu sehen, der durchaus noch verbessert / geändert werden kann?
Gerd Wilhelm: Im März gab es ein Treffen von Vertretern europäischer Affiliates. Da wurde das Programm vorgestellt und diskutiert. Nach diesem Treffen haben sich folgende Affiliates per Letter of Intent mit dem Programm einverstanden erklärt: GB, F, CH, D, I, HU und NL, dass dieses einvernehmlich mit der NRHA realisiert wird. NOR, DK, und SWE haben mitgeteilt, dass sie aufgrund der kleinen Züchterschaft (keine grosse Züchterszene) im Moment nicht teilnehmen wollen. Anschliessend gab es mehrere Treffen mit der NRHA (USA). Im Mai gab es eine Entscheidung des NRHA Boards, dass die NRHA diesem Programm zustimmt, wenn der NRHA European Affiliate Council (EAC) diesem mit Mehrheit zustimmt. Selbstverständlich ist dieses Programm künftigen Änderungen unterworfen. Viele Details sind z.Zt. absichtlich noch offen, weil abgewartet wird, bis viele weitere Verbände partizipieren und Entscheidungen breit abgestützt sind.
RB: Welche Legitimation hat die EFRHA, das heißt, von wem wurde sie gewählt / aufgestellt? Wie wird sich die dortige Geschäftsstelle finanzieren? Sollen in diesem Zusammenhang Mitgliedsbeiträge transferiert werden?
Gerd Wilhelm: Die EFRHA ist ein Dachverband, dem die europäischen Affiliates beitreten können. Der Administrationsaufwand wird sehr gering sein, da EFRHA außer dem Management des Nominierungsprogrammes keinerlei andere Aktivitäten unmittelbar ergreifen wird. Es wird keine angestellten Mitarbeiter geben. Die Finanzierung wird über angeschlossene Verbände und Office Charges zu den Nominierungsentgelten, die üblicherweise bei solchen Programmen anfallen, sichergestellt. Mitgliedsbeiträge gibt es pro angeschlossenen Verband, gestaffelt nach Anzahl Mitglieder, aber max. EUR 500 pro Jahr und Verband. Die Legitimation erhält die EFRHA durch die angeschlossenen Verbände. Jeder Verband entsendet analog dem EAC Vertreter in den Vorstand der EFRHA. Die NRHA (USA) hat zwei Sitze im Vorstand und ist voll eingebunden.
RB: Was genau sind die Vorteile des neuen Programms? Momentan sieht es so aus, als ob die Level 4 Reiter in erster Linie profitieren, weil sie auf weniger Shows mehr Preisgeld erreiten können. Was ist jedoch mit der breiten Basis, die wir eigentlich noch erweitern wollen? Welche Vorteile hat das Programm für den Non Pro? Oder werden die Möglichkeiten für Nonpros an großen Turnieren zu starten, nicht schlechter in Bezug auf Klassen, Startgelder und Boxenkosten?
Gerd Wilhelm: Eines der wesentlichen Ziele des Programms ist, die Kosten für Züchter, Pferdebesitzer und Reiter zu reduzieren. Für den Hengstbesitzer reicht es, dass er seinen Hengst nur in ein Programm einzahlen muss und nicht in mehrere, was insbesondere denjenigen hilft, deren Hengste nur wenige Stuten belegen. Die Züchter müssen ihr Fohlen nur in ein Programm einzahlen. Wenn wir die Programme nicht konsolidieren, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass künftig mehrere konkurrierende Fohlenprogramme entstehen. Was wiederum in erster Linie den kleinen Züchtern schaden würde.
Die große Masse der Mitglieder hat nicht genug Zeit/Ferien und Geld, um an vielen großen Shows teilzunehmen, ihnen kommt also eine Zusammenlegung entgegen. Transport-, Hotel- und weitere Kosten werden weniger. Da insgesamt aber mehr Preisgeld für die unteren Level zur Verfügung steht, werden diese Shows attraktiver, gerade für NonPros oder noch aufstrebende Open-Reiter. Wir erwarten, dass gerade die Erhöhung des Preisgeldes in den unteren Levels, die Reiter motiviert und sich dadurch die Starterzahlen positiv entwickeln.
Das Ziel ist, nach amerikanischem Vorbild, zwei überragend grosse Shows in Europa auf die Beine zu stellen, die auch ausserhalb der Reining-Szene Aufmerksamkeit erwecken können und allen Reitern in Europa die Möglichkeit geben, zu möglichst niedrigen Kosten in den unterschiedlichen Levels zu starten, und somit zu Promotion und Wachstum des Reinings beitragen.
RB: Was bedeutet de facto die Zusammenlegung z.B. von Breeders Futurity und Euro Futurity – Startgelder? Boxenpreise? Auch hier gibt es Gerüchte, dass diese eminent steigen werden.
Gerd Wilhelm: Das Ziel des Programms ist eben diese Kosten zu reduzieren. Durch die Konzentration werden Overhead-Kosten gespart, die fix bei jeder Show anfallen und im guten fünfstelligen Bereich liegen. Diese eingesparten Kosten können zusätzlich als Preisgeld ausgeschüttet werden. Boxenpreise werden durch die Anlagenbesitzer vorgegeben und sind so, wie sie halt für EINE Show sind. Die Startgelder werden vom EFRHA Board und somit den Vertretern der beteiligten Affiliates oder vom Veranstalter vorgegeben. Die EFRHA selber wird keine Shows durchführen, sondern stellt lediglich die Preisgelder bereit. Unabhängig von EFRHA, hat übrigens der EAC, genau aus oben genannten Gründen, eine Task Force gebildet, um zu prüfen, ob das European Derby mit dem italienischen Derby zusammengelegt werden kann.
Viele Reiter hätten gerne die Termine der European Futurity und des European Derby geändert. Viele Pferde kommen aus der Winterpause und sind so früh im Jahr noch nicht show ready, speziell die Pferde in den unteren Levels. Das EU Derby liegt im September, in einer Zeit in der sich viele auf ihre Futuritypferde konzentrieren möchten.
Nachteil, wenn überhaupt, entsteht allenfalls bei einigen wenigen L4-Reitern, für die weniger Shows zur Verfügung stehen. Aber gerade auch aus deren Lager hören wir immer wieder Klagen, dass der Showkalender überladen ist. Auf einige wenige Pferde, die heute als 3- und 4-jährige bald wochenweise auf allen möglichen Futurities gestartet werden, kann sich eine Zusammenlegung ebenfalls positiv auswirken, wie generell für die große Masse der Mitglieder.
RB: Jeder Affiliate, der sich der EFRHA anschließt erhält einen 25%-igen Refund aus den Nominierungsgeldern, aber eben nur unter Voraussetzung des Anschlusses. Was bedeutet es für Reiter / Züchter, deren Affiliate sich nicht anschließt?
Gerd Wilhelm: Im Gegensatz zu heute, wo keine Affiliate einen Geldrückfluss erhält, ist dies durch den Anschluss bei der EFRHA gegeben. Das ist ein grosser Vorteil für jede Affiliate. Das Geld das nicht rückerstattet wird, verbleibt im Pot und steht als Preisgeld zur Verfügung. Ein direkter Nachteil für den Reiter oder Züchter gibt es nicht. Der Verband, dem das Geld zustehen würde, wenn er am Programm mitmachen würde, geht ohne Teilnahme leer aus.
RB: Generell fühlen sich die nicht-deutschen Mitglieder verunsichert. Es wurde zum Beispiel die Befürchtung laut, dass die ‚Deutschen nur wieder ihr eigenes Süppchen kochen‘. Genährt wird diese Befürchtung u.a. damit, dass zur Infoveranstaltung ausschließlich die NRHA Germany Mitglieder eingeladen wurden – in deutscher Sprache. Was ist mit den nicht-Deutsch sprechenden Mitgliedern? Und warum nicht mehr Leute informieren, es soll doch für das Programm geworben werden….
Gerd Wilhelm: Die NRHA Germany e.V. war der NRHA und den europaischen Affiliates doch noch nie so verbunden wie aus aktuellem Anlass. Das gemeinsame Projekt EFRHA vertieft diese Zusammenarbeit wesentlich. Gerade kleinere Verbände, die sich ein eigenes Programm nicht leisten können oder wollen, haben die Möglichkeit mitzumachen. Ein Teil dieser Ressentiments stammen aus der Zeit, als sich die NRHA Germany schwer damit getan hat, Affiliate zu werden. Deshalb möchte ich nochmals betonen, dass dieses Programm (EFRHA) von der NRHA mitgetragen wird und diese im Board zwei Sitze hat, also auch Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann.
Die Infoveranstaltung ist eine Veranstaltung der NRHA Germany für ihre Mitglieder und SSP Hengstbesitzer. Wir gehen davon aus, dass auch die anderen Verbände ähnliche Veranstaltungen für ihre Mitglieder organisieren.
RB: Wie stehen eigentlich die anderen Affiliates (außer Deutschland und Italien) zum Programm – wer hat bereits zugesagt? So weit mir bekannt, hat die österreichische NRHA einen Fragenkatalog an EFRHA geschickt, der bis jetzt nicht beantwortet wurde… Müssen hier nicht eigentliche alle europäischen Verbände informiert sein und zustimmen?
Gerd Wilhelm: Wer mitmacht, ist in Frage 1 bereits beantwortet worden. Mit dem Repräsentanten der ARHA wurde in den vergangenen Monaten wiederholt kommuniziert. Der Fragenkatalog, den die ARHA für ihre Mitglieder braucht, wurde noch am Tag des Eingangs beantwortet und zurückgeschickt.
RB: Wie werden die zusammengeführten Shows überhaupt aussehen – läuft alles class in class? Oder eigenständig? Wie wird das Geld auf die Levels verteilt, und wie wird es mit den Approvals aussehen? Wird es künftig überhaupt noch eine Breeders Futurity / ein Breeders Derby geben?
Gerd Wilhelm: Selbstverständlich sind alle Shows und Levels NRHA-approved. Wie vorher gesagt ist die Aufteilung des Preisgeldes auf die verschiedenen Levels Sache des Veranstalters, beziehungsweise des EFRHA Boards und damit aller angeschlossenen Affiliates und der NRHA. Das Breeders Derby bleibt auf alle Fälle erhalten und wird von den 25% Refund finanziert. Falls European Futurity und Breeders Futurity zusammengelegt werden, ist es durchaus vorstellbar, dass ein neuer prägnanter Name für den Event gesucht wird, der sowohl die NRHA EU Futurity als auch die Breeders Futurity transportiert.
RB: Was genau bedeutet das Programm für die Züchter: man zahlt nur einmal EFRHA Nomination Fee und kann dann überall starten? Oder muss der Hengst mehrfach einbezahlt werden, und dazu auch noch das Fohlen (auch mehrfach?)? Bleibt da nicht eins der Programme (Euro Futurity?) auf der Strecke?
Gerd Wilhelm: Genau so ist es, ein Hengst muss nur einmal einbezahlt werden. Gleiches gilt für die Fohlen. Somit wird alles billiger für Hengstbesitzer und Züchter. Die Alternative zu einem einheitlichen europäischen Reining Horse Breeding Porgram, zur Finanzierung der europäischen Top Reining Events, wäre die Fortführung mehrerer Pogramme, die aber auf die einzelnen Events beschränkt blieben, in Zukunft aber zwangsläufig mehr und mehr über Fohlennominierungen finanziert würden. Das hätte zur Folge, dass speziell kleinere, unbekanntere Züchter sicherlich nicht auf Dauer in mehrere Programme einzahlen würden. Diese Situation gilt es zu verhindern, im Interesse der vielen „kleineren“ Züchter.
RB: Ich bedanke mich für das Gespräch
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