Mit Biosecurity gegen Herpes, Druse & Co.: Wie können Ansteckungen vermieden werden?

(Ramona Billing) Druse, Herpes… hochinfektiöse Pferdekrankheiten können jederzeit und überall zuschlagen. Daher sollte sich jeder Stall und jeder einzelne mit den Hygiene-Maßnahmen beschäftigen, mit denen man Infektionen vorbeugen kann. Das beginnt bereits mit dem optimalen Zustand des eigenen Pferdes: stimmt die Haltung? Ist die Fütterung bedarfsgerecht, also dem Trainingspensum angepasst? Sind die Pferde möglichst viel draußen und erhalten täglich ausreichend Bewegung? Wird ausschließlich gutes, schimmelfreies (!) Heu und Stroh in ausreichender Menge verfüttert bzw. eingestreut? Wenn dies alles mit Ja beantwortet werden kann, ist schon einmal die Grundlage für ein starkes Immunsystem gelegt, das in der Lage ist, mit Erregern fertig zu werden,

Dann geht es an das Schlagwort „Biosecurity“ – das bedeutet, wie kann nich infektiöse Erreger bekämpfen und den Kontakt mit Pathogenen vermeiden? Dazu braucht es ein Hygienkonzept, das weder teuer noch schwer umzusetzen ist – eigentlich… Voraussetzung ist allerdings, dass sich jeder Einzelne in einem Betrieb – ob Einsteller, Pfleger oder sonst wer, der mit dem Betrieb zu tun hat, die Hygienemaßnahmen zu eigen macht und sich auch wirklich daran hält. Hierzu müssen Stallbesitzer, Reiter, Tierarzt und Schmied an einem Strang ziehen.

Die FN hat unter dem Stichwort ‚Gesundheitsvorsorge‚ das ganze wie folgt zusammengestellt :

„Selbstkontrolle: Wie steht es um die Hygiene im eigenen Stall?
Es ist sinnvoll, sich regelmäßig vor Augen zu führen, wo im eigenen Stall die Schwachpunkte liegen könnten. Dafür muss man sich die Gegebenheiten im Stall sowie die täglichen Abläufe genau anschauen, kritische Kontrollpunkte benennen und überlegen, wie man die Schwachstellen beseitigen kann.

Hierfür ist es wichtig, die Übertragungswege ansteckender Krankheiten zu kennen. Dabei wird die direkte und indirekte Übertragung unterschieden.

Direkt:

  • von Pferd zu Pferd

Indirekt:

  • über die Luft durch Aerosole aus Tropfen, die beim Husten und Schnaufen entstehen
  • über kontaminierte Gegenstände wie Halfter, Putzzeug, Eimer…
  • über Futter und Wasser
  • über Insekten, Tiere oder Menschen
  • über verschmutzte Einstreu, Urin und Kot
  • über medizinische Ausrüstung wie Spritzen, Handschuhe, Kittel
  • über Fahrzeuge

Aus diesen Übertragungswegen ergeben sich verschiedene Bereiche, die innerhalb eines Pferdebetriebes Beachtung finden müssen, wenn man seine Hygienestandards überprüfen und verbessern möchte:

1. Pferde-Management (dauerhaft eingestellte Pferde, Turnierpferde, neue Einstaller)
Neuankömmlinge im Stall sollten idealerweise die ersten zehn Tage abgesondert von den anderen Pferden gehalten werden. Ein separater Quarantänestall ist hierfür am besten geeignet.

Kranke Pferd sollten so schnell wie möglich von den übrigen Pferden getrennt werden, um eine Ansteckung zu vermeiden. Kontaktpferde müssen unter Beobachtung bleiben.

Auch Pferde, die von einem Turnier heimkehren, müssen noch eingehender unter Beobachtung stehen hinsichtlich eventueller Krankheitsanzeichen.

Das gemeinsame Impf- und Entwurmungsmanagement gehören selbstverständlich zu einer guten Hygienepraxis dazu.

2. Personen-Management (Stallbetreiber, Mitarbeiter, Reiter, Besucher, Tierarzt, Schmied…)
Ein weiterer Baustein ist das Personenmanagement. Hier wird das Augenmerk auf alle Personen gelegt, die Zutritt zum Stall haben: die Stallmitarbeiter, die Reiter und Besucher, Tierärzte und Schmiede etc. In einem typischen Pensionsstall herrscht jeden Tag ein reger Publikumsverkehr, was immer zu einer Einschleppung und Verschleppung von Keimen führen kann.

Das Personal eines jeden Reitstalles sollte geschult sein im Hinblick auf das routinierte Durchführen der täglichen Hygienepraxis. Ein einfaches, aber oft unterschätztes Beispiel hierfür ist das richtige und effektive Händewaschen sowie auch das Desinfizieren von Gegenständen und Stallungen. Auch das frühzeitige Erkennen von erkrankten Pferden muss geübt sein, damit diese schnell von den Gesunden abgesondert werden können.

Sind Pferde im Stall erkrankt, gilt das Prinzip: erst die Gesunden füttern und misten, dann die Kranken! Beim Verlassen des Krankenstalls sind Hygienemaßnahmen wie Kleiderwechsel, Schuh- und Handhygiene unbedingt einzuhalten. Eine Desinfektionswanne sollte am Ein- bzw. Ausgang installiert sein.

Besucher oder Reiter, die täglich auf den Hof kommen, sollten nach Möglichkeit nur einen Zugang zum Gelände haben sowie idealerweise weder Schuhe noch Kleidung tragen, die bereits durch andere Stallungen oder Pferde verschmutzt wurden.

Ein Parkplatz in einiger Entfernung zum Stall ohne Pferdekontakt ist sinnvoll, um den Eintrag von Keimen über die Reifen zu verringern. Auch umherlaufende Hunde und Katzen können Krankheiten von einem Pferd zum anderen tragen, indem sie beispielsweise von einem Pferd ausgehusteten Schleim über die Pfoten durch den Stall verteilen.

Besteht eine erhöhte Seuchengefahr, muss der Zutritt zum Stall auf das Nötigste reduziert werden.

3. Umwelt-Management (Stall- /Reitanalage, Wiesen, Paddocks, Parkplätze)
Die dritte wichtige Säule der Hygiene im Stall stellt das Umwelt-Management dar. Ganz wichtig sind die ausnahmslos gute Qualität des Futters und dessen saubere und trockene Lagerung. Benutzte Einstreu ist grundsätzlich ein Risiko und sollte deshalb unzugänglich in Entfernung zum Stall und zum Futter gelagert werden. Trecker, Schubkarren, Mistgabeln, Besen und andere Gerätschaften müssen regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Ist eine ansteckende Krankheit auf dem Hof ausgebrochen, empfiehlt es sich, die Einstreu erkrankter Pferde in verschlossenen Containern zu lagern, um die Verbreitung pathogener Erreger über Luft und Wasser zu vermeiden. Ställe, Futterkrippen, Tränken und Plätze sollten stets sauber und frei von stehendem Wasser gehalten werden. Eine regelmäßige mechanische Reinigung und Desinfektion leisten hier gute Dienste. Dies sollte vor allem vor jeder Neubelegung einer Box geschehen. Auch die Ausrüstung eines jeden Pferdes ist ein Übertragungsweg für Krankheiten. Halfter, Putzzeug, Decken, Trensen und so weiter sollten immer zum Pferd gehören und niemals untereinander getauscht werden. Wer dies nicht einhält, leistet zum Beispiel der Verbreitung von Hautpilzerkrankungen Vorschub. Und Pilz kann im gesamten Stall zu einem Problem führen.

Woran ein Pferdebesitzer erkennt, dass in seinem Stall Hygieneregeln beachtet werden:

  • Für neue Pferde wird ein Gesundheitszeugnis vom Tierarzt verlangt.
  • Neue Pferde werden zu Quarantänezwecken die ersten zehn Tage separat von den anderen Pferden gehalten.
  • Alle Pferde müssen gegen Influenza geimpft sein, dies wird im Pferdepass kontrolliert.
  • Es gibt einen separaten Bereich für die Absonderung von kranken Pferden.
  • Der Stallbesitzer fordert die Umsetzung eines gemeinsamen Entwurmungskonzeptes
  • Das Futter wird trocken und sauber gelagert, Medikamente werden nicht im Futterwagen umhergefahren.
  • Die benutzte Einstreu wird separat gelagert ohne Kontakt zu Pferden oder Futter.
  • Neben dem Misten werden die Boxen auch von Zeit zu Zeit desinfiziert.
  • Tränken und Futtertröge sind in gutem Zustand.
  • Es gibt einen Schädlingsbekämpfungsplan.
  • Die Weiden werden regelmäßig abgeäppelt, es gibt Leerzeiten und Wechselweide mit anderen Tierarten wie zum Beispiel Rindern.

4. Turnier und Hygiene
Auch wenn im heimischen Stall alles richtig gemacht wird: Jede Reise und jede Turnierteilnahme stellt eine Herausforderung für das Immunsystem des Pferdes dar. Aber auch hier kann der Reiter an kleinen Hygiene-Stellschrauben drehen und viel bewirken. Es beginnt mit einem Check am Tag des Turniers: Ist das Pferd fit? Hat es gefressen? Wie ist die Temperatur? Macht es einen munteren Eindruck? Fallen die Antworten positiv aus, steht einem erfolgreichen Turniertag nichts mehr im Weg.

Der Anhänger sollte hell, sauber und frisch eingestreut und das Heunetz mit staubarmen und gegebenenfalls nassem Heu gefüllt sein. Die Mitnahme von eigenem Futter und sauberen Eimern zum Tränken ist Pflicht.
Während der Fahrt ist auf eine ausreichende Belüftung des Anhängers zu achten. Bei längeren Fahrten, sollten regelmäßige Pausen eingelegt werden, in denen das Pferd die Gelegenheit hat, mit dem Kopf am Boden zu fressen. So können eingeatmete Keime einfacher aus den Luftwegen entfernt werden und einem „Reisefieber“ (sogenanntes Shipping fever) vorgebeugt werden.

Auf dem Turnierplatz angekommen, sollte der Reiter den direkten Kontakt zwischen seinem Pferd und anderen Pferden vermeiden, auch wenn dies manchmal hart erscheinen mag. Neben der Gefahr einer Krankheitsübertragung besteht auch immer ein großes Verletzungsrisiko.

Wird das Pferd auf dem Turnier getränkt, dann nur aus eigenen Eimern und mit Wasser in Trinkwasserqualität. Saufen aus einer gemeinsamen Tränke wie beispielsweise einer Badewanne ist tabu. Beim Befüllen der Eimer ist darauf zu achten, dass der Wasserschlauch nicht in den Eimer gelegt wird. Häufig ist der Schlauch ein Reservoir für Keime, die so in das Wasser gelangen würden.

Fazit: Hygiene ist kein unangenehmer und aufwendiger Selbstzweck. Es geht um die Gesundheit der Pferde – des eigenen Pferdes und die Pferde der Anderen. Ein gutes Hygieneverhalten im Stall und auf dem Turnier ist Ausdruck von Verantwortung. Die Entwicklung eines gemeinsamen Hygienebewusstseins aller Pferdeleute ist daher von großer Bedeutung.“
(Quelle: FN)

Grundsätzlich geht es aber schon mit dem Wissen jedes einzelnen Pferdebesitzers los:

* jeder, der sich mit Pferden beschäftigt, sollte die Norm-Werte von Temperatur, Puls und Atmung kennen. Die normale Körpertemperatur bewegt sich zum Beispiel zwischen 37,2 und 38,3 °C

* Beobachten Sie Ihr Pferd genau, damit Sie sofort erkennen, wenn etwas nicht stimmt. Nur so können Sie frühzeitig eingreifen, und das kann lebenswichtig sein.

* Sorgen Sie dafür, dass Ihr Pferd in bestmöglichem ‚Shape‘ ist, also weder zu dünn noch übergewichtig, und ausreichend Bewegung erhält. Das Stehen auf einem Paddock – auch wenn er größer ist – reicht hierfür nicht aus.

 

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